papiroflexia
Der langweiligste Freitagabend des Jahres steht an. Miss Pringle, die von diesem Kleinstadtmief so angekotzt ist wie noch nie, wird sich etwas einfallen lassen müssen.
Nix "Rockabilly-Braut", mein Süßer.
Edit: Vielleicht sollte ich aufhören, mir den ganzen Tag David-Bowie-Videos reinzuziehen.
Meine Mutter kommt ins Badezimmer, wo ich nach einem langen Tag in der Wanne vor mich hindümple. Sie war gerade im Altersheim, Oma besuchen.
"Jetzt lassen sie sie sterben."
Ich richte mich auf und schaue sie ungläubig an:
"Wie, sie lassen sie...? Was soll das heißen?"
"Sie setzen die Herzmedikamente ab. Sie will nicht mehr. Sie sagt ständig 'Lasst mich doch in Ruhe, ich will nicht mehr'."
"Ja, aber... dürfen die das?"
"Ja."
Ich habe meine Zweifel an der Fürsorge des Pflegepersonals des Heims, an der Entscheidung über ein fremdes Leben. Andererseits führt Oma seit geraumer Zeit kein erfülltes Leben mehr. Sie kann nicht mehr gehen, sieht nicht mehr gut, verweigert das Essen und Tage, an denen sie geistig sehr klar und präsent ist, wechseln sich ab mit Zeiten, in denen sie sich in der Vergangenheit verliert.
Oma ist 95 Jahre alt, und was mich beschäftigt, ist nicht die Frage, ob man sie nun "sterben lassen" soll oder nicht, sondern ihre Angst vor dem Tod. Meine Oma gehört leider nicht zu den Menschen, die sich entspannt und altersweise in ihr Kissen zurücklehnen, mit sich selbst Frieden geschlossen haben und sagen:"Wann immer der Herrgott mich zu sich rufen will, ich bin bereit."
Oma, gläubige Katholikin, seit sie denken kann (trotz - oder wegen? - drei Totgeburten, zwei Weltkriegen und einem Ehemann, der sich im Suff erhängte und sie mit zehn Kindern zurückließ), hat Angst vor dem Sterben, weil sie nicht weiß, was danach kommt. Natürlich weiß das niemand, aber wie oft hört und liest man von Menschen, die im Sterben liegen und wissen, dass es bald soweit ist. Die den Tod sozusagen mit offenen Armen erwarten und ihn nicht als Ende, sondern als Anfang oder einfach als nächsten Schritt sehen können.
Oma hat noch nicht Frieden mit sich und dieser Welt geschlossen. Vielleicht, weil sie nicht über den Tod nachdenken will. Weil sie sich immer so intensiv mit diesem ihrem Leben beschäftigen musste, dass ihr dafür keine Zeit blieb. Ich erschrecke und werde mir meiner eigenen Furcht vor dem Sterben bewusst, wenn ich sie sagen höre "Lasst mich sterben" und in ihren Augen die nackte Angst davor sehe, dass genau das eintritt. In seltenen Momenten hat sie es zugegeben. Und wir alle sind außerstande, die richtigen Worte oder Gedanken zu finden, um sie zu trösten.
Gestern per SMS auf einen Job als Deutschreferentin aufmerksam gemacht worden, werde allerdings ablehnen, 600 Euro im Monat ist ein Taschengeld für die ganze Arbeit. Außerdem auf 2 Monate befristet. Heute ein Anruf von einer großen Firma hier in der Nähe, die brauchen eine Übersetzerin, Vorstellungsgespräch nächsten Donnerstag. Mal schauen, die Fuzzis haben mich schon zweimal kontaktiert, zahlen aber glaub' ich nicht wirklich gut... und dann ist da noch Mister D, der mich wegen der Übersetzung eines Drehbuchs angerufen hat. Sehr schön.
In der Schule alles roger, hab' ein neues Büro, das ich mir mit den jungen Kolleginnen teile, sehr fein. Die Racker sind (noch) brav, die Erstklässler süß und Schüler G ist zum Glück noch im Urlaub.
Übermorgen geht's noch mal kurz mit Daddy auf die Insel, und in zwei Wochen fahre ich für ein Wochenende nach London (diesmal schon gebucht, wehe, es kommt was dazwischen). Falls jemand ein nettes Bed&Breakfast im Zentrum kennt, wo man sich nicht finanziell ruiniert und der Rucksack einigermaßen gut aufgehoben ist, bitte melden.
Miss Pringle war übrigens am Sontag wieder mal
so doof in Geldnot langweilig so nett, für Mister M einzuspringen und einen Tag lang zu kellnern. Echte Tiroler feiern ihre Après-Ski-Parties nämlich auch Mitte August, wenn's genug zu saufen gibt:
Alls alle noch nüchtern waren

Suchbild "Wo ist Pringle?"

Die allerliebste Miss S (schuldet mir einen Vollrausch)

Gegen Ende der Sause mit Maurerdekolletè

Mit dem Scheffe

Der klatschnasse Mister O (Schweiß, Dreck, Marillenschnaps)

...und der süßeste Cowboy auf der ganzen Alm
Miss Pringle hatte gestern alles, was ihr kleines schwarzes Herz begehrt... abends ging es zum Knödelessen auf die Alm, wo sich schon wieder etwas zwischen zwei Freunden anbahnte... telenovelareif, die augenblickliche Situation. Und ich kann mich (meistens) entspannt zurücklehnen und mich darüber amüsieren. Nur schade, dass man an den langweiligen Stellen nicht wegzappen kann. Heute werde ich meine Arbeitsaufträge weiterleiten, damit ich meine Ruhe habe (ist mir tatsächlich 1000 Euro wert, dass ich die letzten Wochen meiner Ferien noch genießen kann), und dann gleich danach geht's mit Mister N, den hier alle so zum Anbeißen finden, in die Berge. Am Abend wird wieder losgetigert.
Miss Pringle ist ein Kronleuchter aufgegangen. Mister D hat gestern Psychotherapeut gespielt und mir einreden wollen, ich sei in den Meister verliebt. Aber ich bin nicht mehr 17 und lüge mich nicht länger als nötig selbst an, und beim nächtlichen Herumgrübeln kapierte ich es plötzlich. Die Rollen sind diesmal einfach vertauscht. Ich sehe in ihm den scharfen Typen, den Inbegriff von LCS, und viel mehr erwartete ich mir auch nicht angesichts der Tatsache, dass meine Zeit hier wahrscheinlich eh begrenzt ist. Er hingegen hält mich hin, spielt mit mir, zieht sich zurück, um dann wieder mehr oder weniger offensichtliche Hinweise anzubringen, dass ich ihm doch gefalle. Er zieht es vor, mit mir auszugehen oder einen Kaffee zu trinken, will heißen: etwas zu unternehmen, was sich nicht unbedingt in der Reichweite seines Betts abspielt. Heute habe ich nachgegeben. Und siehe da: wenn ich ihn nicht so offensiv anbaggere, antwortet er auf meine SMS, ruft zurück, und wir treffen uns ganz zwanglos... natürlich passierte nichts, weil Andere dabei waren, aber der eine oder andere Kommentar fiel natürlich wieder (als ob er mich daran erinnern wollte, dass da mehr zwischen uns ist als freundschaftliches Geplänkel). Warum macht er das? Halt: bevor Kommentare zu dieser Frage kommen, bitte ich um Berücksichtigung der Tatsache, dass er bereits eine komplizierte Beziehung zu einer Dame hat, der er offensichtlich sehr zugetan ist. Und noch was: er ist ein echt netter Kerl.
Wie schön das Leben doch sein kann. Miss Pringle hat den heutigen Tag im Freibad verbracht, um auszuspannen, Sonne zu tanken, Freunde zu treffen, ihre Grillparty zu organisieren und mit dem Meister zu reden. Statt wildem Sex steht heute Nacht allerdings der auf dem Programm:
Mal schauen, wie ernst das gemeint war. Der Meister ist doch immer wieder für Überraschungen gut.
Edit: Es war ernst gemeint. Und sobald ich mich wieder bewegen kann, poste ich auch ein paar Bildchen von der Ochsentour...
Der Meister hat sich geoutet. Naja, wenigstens hat er Klartext geredet. Morgen geht's also nach Mailand, Mister J abholen, und dann sofort weiter in die Toskana... Melde mich wenn zurück. Euch eine schöne Zeit.
Miss Pringle macht sich wieder mal das, was hierzulande so schön "seghe mentali" genannt wird. Kommentar von Mister D:
"Der Grund dafür, dass du dich so verrückt machst, ist einfach, dass du so ein SCHEISS-LÖWE bist. Immer muss alles nach eurem Kopf gehen. Was isn dein Aszendent?"
"Zwilling."
"Ach du meine Güte, dann bist du im Arsch."
Es geht doch nichts über ein paar aufmunternde Worte.