Eigentlich ist es ja nicht Miss Pringles Ding, im Büro zu versauern. Aber da ich es mir nun einmal so ausgesucht habe und der Job eigentlich ganz interessant ist und ich eigentlich meine Ruhe habe in der verlassenen Ecke, in der ich schufte, habe ich es mir so angenehm wie möglich gemacht und nach den bisherigen Erfahrungen in derartigen Jobs den Kontakt mit den meisten Kollegen erfolgreich gemieden. Na ja, die Verwaltungsabteilung hat mich mal beim Ausgehen ertappt, sich freudig auf mich besoffenes Huhn und vor allem mein Tattoo gestürzt (wie außergewöhnlich...), aber weitere Peinlichkeiten blieben mir erspart. Das Abteilungsessen letzten Freitag verließ ich als eine der Ersten und nüchtern, und der Christkindlmarkt in dem Kaff hatte bis jetzt auch meine Ruhe vor mir. Heute allerdings gab es kein Entrinnen. Weihnachtsbuffet mit der ganzen Firma, 400 Leute vom Hausmeister bis zum big boss. Der nach 20 Minuten sturzbesoffene kleine Italiener, der mir sonst eher arrogant begegnet, ließ mich nicht mehr aus seinen Klauen, weshalb ich dem Alkohol etwas mehr zusprach als geplant. Zum Glück retteten mich der coole Sandro und der Firmenspanier vor ihm und ersparten mir die Peinlichkeit, den Typen vor versammelter Mannschaft zur Schnecke zu machen. Allerdings meinten sie es etwas zu gut mit mir und drückten mir alle 2 Minuten ein weiteres Glas Schampus in die Hand. Dabei wäre der Abend schon nüchtern eine Herausforderung gewesen. Als mir der süße Ignacio dann auch noch anbot, bei ihm zu übernachten, musste ich einfach gehen. Es ist so anstrengend, erwachsen zu sein.
Kleine Wünsche werden sofort erfüllt.
Der Advent ist dieses Jahr nicht so be-, dafür nur sinnlich. Der Verstand ist nicht gefragt, und das Herz hat sowieso keine Antworten auf Fragen, die sich in Luft auflösen, sobald unsere Haut sich berührt. Brutale Worte hinterlassen keine Kratzer auf der Oberfläche. Unsere Seelen haben wir schon lange vor der Welt in Sicherheit gebracht. Allein ist nicht gleich einsam.
Verliebte Männer sind auf eine rührende Art und Weise unbeholfen. Sie schwanken zwischen dem Versuch, das Image des einsamen Wolfs aufrechtzuerhalten und unfreiwilligen Zuneigungsbeweisen, die niemals geplant sind und meistens sofort bereut werden. Verliebte Männer werden von ihren Freunden lächerlich gemacht, aufgezogen und beneidet. Verliebte Männer sind noch schweigsamer als sonst, achten mehr auf ihr Äußeres und versuchen, so wenig wie möglich an sie zu denken. Verliebte Männer sehen genau hin und suchen auch nach Fehlern.
Verliebte Frauen sind unberechenbar, geistesabwesend, unsicher und niemals hungrig. Sie schlafen schlecht, planen jedes Date zum Kaffeetrinken bis ins kleinste Detail, reden zu viel und vor allem nur von ihm. Verliebte Frauen sind anhänglich, gefährlich und berechnend. Verliebte Frauen legen Wörter auf Goldwaagen, machen Elefanten aus Mücken und träumen von der Hochzeitsnacht. Wenn sie mit der Realität nicht ganz zufrieden sein sollten, stricken sie sich ein Bild, dem gefälligst zu entsprechen ist.
Und ganz besonders bescheuerte verliebte Frauen erzählen ihrem Lover, dass ihre Freundin meint, er sei ein Weiberheld und sie solle besser die Finger von ihm lassen, wenn sie sich nicht verbrennen will.
Hatte heute eine unerfreuliche Begegnung mit der Narzisse.
Die Leopardin hat ein Händchen für die falschen Männer. Nicht mal 35, hat sie gerade die Scheidung von ihrem 71jährigen Mann eingereicht, sich zum Schmetterling entpuppt und flattert jetzt munter von Blüte zu Blüte, in der Hoffnung, unter all dem Unkraut mal an eine Rose zu geraten. Und stürzt wahrscheinlich bald ab und bricht sich dabei die Flügel. Gerade ist sie nämlich auf einer Narzisse gelandet.
Sie schaut mich über den Rand ihres Weinglases an und meint:
"Weißt du, es ist schön, eine Freundin zu haben, die einem die Dinge so geradeheraus ins Gesicht sagt. Du analysierst die Situation immer so treffend und bringst sie dann genau auf den Punkt."
Und ich denke innerlich seufzend wieder mal:
Warum bin ich bei Anderen immer so schlau, und wenn es um mich geht, haut das mit dem Analysieren nicht so hin? Warum habe ich niemanden, der mich durchschaut und mich die Dinge klarer sehen lässt? Moment mal, da gab es doch mal jemanden...
Herumliegen bis zwei Uhr nachmittags, frühstücken (mit richtigem Brot, und ich hatte sogar Milch im Kühlschrank), mit Miss V den neuen Sessel abholen, der sich zu einem Bett ausziehen lässt. Mein Wohnzimmer nimmt Form an. Das erste Mal selber Wäsche waschen (unglaublich, aber wahr, und ein ziemliches Erfolgserlebnis für mich unselbständiges Luxusweibchen), mit dem Hund spazieren gehen, mit Black Mamba und Mister D einen Glühwein trinken, Abendessen beim Chinesen.
Was für ein wunderschöner fauler Sonntag, voller kleiner Dinge, die einen zum Lächeln bringen. Und ich Gurke grüble tagelang über den Sinn des Lebens nach, anstatt es einfach zu genießen.