Die hard
Meine Mutter kommt ins Badezimmer, wo ich nach einem langen Tag in der Wanne vor mich hindümple. Sie war gerade im Altersheim, Oma besuchen.
"Jetzt lassen sie sie sterben."
Ich richte mich auf und schaue sie ungläubig an:
"Wie, sie lassen sie...? Was soll das heißen?"
"Sie setzen die Herzmedikamente ab. Sie will nicht mehr. Sie sagt ständig 'Lasst mich doch in Ruhe, ich will nicht mehr'."
"Ja, aber... dürfen die das?"
"Ja."
Ich habe meine Zweifel an der Fürsorge des Pflegepersonals des Heims, an der Entscheidung über ein fremdes Leben. Andererseits führt Oma seit geraumer Zeit kein erfülltes Leben mehr. Sie kann nicht mehr gehen, sieht nicht mehr gut, verweigert das Essen und Tage, an denen sie geistig sehr klar und präsent ist, wechseln sich ab mit Zeiten, in denen sie sich in der Vergangenheit verliert.
Oma ist 95 Jahre alt, und was mich beschäftigt, ist nicht die Frage, ob man sie nun "sterben lassen" soll oder nicht, sondern ihre Angst vor dem Tod. Meine Oma gehört leider nicht zu den Menschen, die sich entspannt und altersweise in ihr Kissen zurücklehnen, mit sich selbst Frieden geschlossen haben und sagen:"Wann immer der Herrgott mich zu sich rufen will, ich bin bereit."
Oma, gläubige Katholikin, seit sie denken kann (trotz - oder wegen? - drei Totgeburten, zwei Weltkriegen und einem Ehemann, der sich im Suff erhängte und sie mit zehn Kindern zurückließ), hat Angst vor dem Sterben, weil sie nicht weiß, was danach kommt. Natürlich weiß das niemand, aber wie oft hört und liest man von Menschen, die im Sterben liegen und wissen, dass es bald soweit ist. Die den Tod sozusagen mit offenen Armen erwarten und ihn nicht als Ende, sondern als Anfang oder einfach als nächsten Schritt sehen können.
Oma hat noch nicht Frieden mit sich und dieser Welt geschlossen. Vielleicht, weil sie nicht über den Tod nachdenken will. Weil sie sich immer so intensiv mit diesem ihrem Leben beschäftigen musste, dass ihr dafür keine Zeit blieb. Ich erschrecke und werde mir meiner eigenen Furcht vor dem Sterben bewusst, wenn ich sie sagen höre "Lasst mich sterben" und in ihren Augen die nackte Angst davor sehe, dass genau das eintritt. In seltenen Momenten hat sie es zugegeben. Und wir alle sind außerstande, die richtigen Worte oder Gedanken zu finden, um sie zu trösten.
"Jetzt lassen sie sie sterben."
Ich richte mich auf und schaue sie ungläubig an:
"Wie, sie lassen sie...? Was soll das heißen?"
"Sie setzen die Herzmedikamente ab. Sie will nicht mehr. Sie sagt ständig 'Lasst mich doch in Ruhe, ich will nicht mehr'."
"Ja, aber... dürfen die das?"
"Ja."
Ich habe meine Zweifel an der Fürsorge des Pflegepersonals des Heims, an der Entscheidung über ein fremdes Leben. Andererseits führt Oma seit geraumer Zeit kein erfülltes Leben mehr. Sie kann nicht mehr gehen, sieht nicht mehr gut, verweigert das Essen und Tage, an denen sie geistig sehr klar und präsent ist, wechseln sich ab mit Zeiten, in denen sie sich in der Vergangenheit verliert.
Oma ist 95 Jahre alt, und was mich beschäftigt, ist nicht die Frage, ob man sie nun "sterben lassen" soll oder nicht, sondern ihre Angst vor dem Tod. Meine Oma gehört leider nicht zu den Menschen, die sich entspannt und altersweise in ihr Kissen zurücklehnen, mit sich selbst Frieden geschlossen haben und sagen:"Wann immer der Herrgott mich zu sich rufen will, ich bin bereit."
Oma, gläubige Katholikin, seit sie denken kann (trotz - oder wegen? - drei Totgeburten, zwei Weltkriegen und einem Ehemann, der sich im Suff erhängte und sie mit zehn Kindern zurückließ), hat Angst vor dem Sterben, weil sie nicht weiß, was danach kommt. Natürlich weiß das niemand, aber wie oft hört und liest man von Menschen, die im Sterben liegen und wissen, dass es bald soweit ist. Die den Tod sozusagen mit offenen Armen erwarten und ihn nicht als Ende, sondern als Anfang oder einfach als nächsten Schritt sehen können.
Oma hat noch nicht Frieden mit sich und dieser Welt geschlossen. Vielleicht, weil sie nicht über den Tod nachdenken will. Weil sie sich immer so intensiv mit diesem ihrem Leben beschäftigen musste, dass ihr dafür keine Zeit blieb. Ich erschrecke und werde mir meiner eigenen Furcht vor dem Sterben bewusst, wenn ich sie sagen höre "Lasst mich sterben" und in ihren Augen die nackte Angst davor sehe, dass genau das eintritt. In seltenen Momenten hat sie es zugegeben. Und wir alle sind außerstande, die richtigen Worte oder Gedanken zu finden, um sie zu trösten.
pringle - 23. Sep, 12:10